Fight Back – Damals wie Heute: Antifa bleibt Handarbeit!

Aufruf zur antifaschistischen Demonstration am 26.11.2022

Vor dreißig Jahren wurde Silvio Meier von einem Neonazi an der U Samariterstraße ermordet, weil er nicht tolerieren wollte, dass sich Neonazis durch Berliner Straßen bewegen. Und vor knapp zwei Jahren wurde Lina verhaftet und sitzt seitdem in Untersuchungshaft, weil sie ebenfalls gegen faschistische Strukturen aktiv wurde. Parallel erstarken Neonazis, Faschist_innen und andere Rechte überall in Deutschland: in Mecklenburg-Vorpommern, wo eine Geflüchtetenunterkunft in Brand gesetzt wurde, in Thüringen, wo Brandsätze und Hakenkreuze an und um Unterkünfte auftauchen und eben auch im angeblich ach so weltoffenem Berlin, in dem es 2021 laut Berliner Register 4.841 rechte Vorfälle gab.

Diese Gewalt ist mörderisch. Um das zu erkennen, brauchen wir nicht dreißig Jahre in die Vergangenheit schauen, zu Silvio Meier und Ayşe Yılmaz, Bahide und Yeliz Arslan. Es reicht ein Blick in die jüngere Vergangenheit, nach Halle, zu den Morden an Jana Lange und Kevin Schwarze und nach Hanau, wo Gökhan Gültekin, Sedat Gürbüz, Said Nesar Hashemi, Mercedes Kierpacz, Hamza Kurtović, Villi Viorel Păun, Fatih Saraçoğlu, Ferhat Unvar, Kaloyan Velkov und Gabriele Rathjen ermordet wurden. Oder ein Blick nach Neukölln, wo Neonazis immer wieder Anschläge verüben. Oder nach Lichtenberg, wo letztes Jahr 732 der über viertausend rechten Vorfälle stattfanden und immer noch viele aktive Faschist_innen wohnen und sich organisieren. Und während sie auf der Straße Gewalt ausüben, fischen von Linkspartei und Grünen, über die SPD bis zur CDU alle Parteien der sogenannten bürgerlichen Mitte am rechten Rand.

Im Kampf gegen diese zutiefst deutschen Zustände können wir uns nicht auf die sogenannten Sicherheitsbehörden verlassen. Statt People of Color vor rechten Übergriffen zu schützen, wie es angeblich ihre Aufgabe ist, verüben die Cops im ganzen Land rassistische Übergriffe und Morde – in Berliner Wohnungen, in Dortmunder Straßen oder Dessauer Polizeirevieren – weil es eben nicht ihre Aufgabe ist, sogenannte Minderheiten zu schützen. Statt Ferat Koçak vor einem geplanten Anschlag durch Neuköllner Neonazis zu warnen, ließen sie den Anschlag einfach passieren. Statt danach zu ermitteln, mauschelten Staatsanwaltschaft und Bullerei mit den Tätern.
Denn in Wahrheit ist es die Aufgabe der Bullen, den Status Quo aufrecht zu halten – und der ist geprägt von Rassismus. Deshalb werden antifaschistische Aktivistinnen wie Lina, die die richtigen Schlüsse gezogen haben und selbst aktiv werden, tausendmal härter verfolgt als Faschist_innen.

Und deshalb können wir als Antifaschist_innen nur zu einem Schluss kommen: wir müssen uns ein Beispiel an Silvio Meier und Lina nehmen und selber aktiv werden. Dafür soll die dritte Fight Back Demo eine weitere Chance liefern. Wir wollen am 26. November, 18 Uhr in Friedrichshain, an der Silvio-Meier-Straße, in Gedenken beginnen und dann den Szenekiez und unsere Komfortzone verlassen. Dabei wollen wir einem antifaschistischen Leitspruch treu bleiben: Erinnern heißt auch Kämpfen – gegen die Umstände, die faschistische Gewalt hervorbringen, aber auch und vor allem gegen diejenigen, die sie ausüben. Das geht nur gemeinsam, rücksichtsvoll, und gleichzeitig entschlossen. Schnappt euch also eure Bezugsgruppen, eure Windbreaker und FFP2-Masken, lasst eure Handys, Hunde und Fahrräder zu Hause und kommt mit auf die Straße, denn damals wie heute bleibt Antifa Handarbeit!

Antifaschistische Demonstration
26. November 2022 um 18 Uhr
U Samariterstraße / Ecke Silvio-Meier-Straße

Staat und Nazis, Hand in Hand – Unsere Antwort Widerstand! Aufruf des Antifaschistischen Kaffeekränzchen

Staat und Nazis, Hand in Hand – Unsere Antwort Widerstand!

Diese Parole ist in der heutigen Zeit aktueller denn je. Bereits seit Jahren verüben militante Neonazis Anschläge in Südneukölln und bedrohen Menschen, die sich gegen Nazis engagieren mit dem Tod. Geschützt werden sie dabei von Handlangern in Polizei und Verfassungsschutz. Für diese Vernetzungen gibt es zahlreiche Beispiele und Beweise: So geriet im August Oberstaatsanwalt Matthias Fenner unter Druck, da er sich in der Vernehmung einer der Hauptverdächtigen der Terrorserie und ehemaligen AfD-Politikers Tilo Paulenz selbst als AfD-Wähler und Gleichgesinnter zu erkennen gab. Während die sogenannte Soko Rex seit Jahren keine Erfolge, dafür aber umso mehr dubiose Pannen, bei den Ermittlungen gegen die Neonazi-Täter produziert – erscheinen Tag für Tag neue Berichte über Cops, die in Whatsapp-Nachrichten ungehindert ihren Rassismus und ihre Menschenverachtung ausleben können. Dies spiegelt sich natürlich auch in deren Verhalten in der Öffentlichkeit und auf Demonstrationen wieder. Regelmäßig werden linke Demonstrationen hart angegangen oder drangsaliert, während rechte Querdenken-Demos hofiert oder sich gar mit Sympathie der eingesetzten Cops die Straße nehmen können.
Dies ist kein Apell für eine gerechtere Polizei im Sinne der Extremismustheorie oder Whataboutism. Es ist logisch, dass Rechte gegen Linke vorgehen und sie das in einer hierachischen Machtposition, wie es Cops nun mal sind, offensiv ausnutzen. Trotzdem ist es wichtig diesen Zustand zu benennen und sich nicht damit abzufinden.
Die Demonstration „Fight Back – Rechten Terror bekämpfen“ findet mit gutem Grund an dem Wochenende statt, an dem in der Vergangenheit die traditionelle Silvio-Meier-Gedenkdemo durch Friedrichshain zog. Gerade in den letzten Jahren dieser Demonstration gab es am Ablauf vermehrt berechtigte Kritik. Bemängelt wurde eine tradierte Folklore- Veranstaltung zu sein, die zwar auf der einen Seite Jahr für Jahr tausende Teilnehmer*innen zieht, auf der anderen Seite, blieben aber die Inhalte und auch die Ziele der Demonstration auf der Strecke. Viele Teilnehmende berauschten sich beim Start an dem riesigen Feuerwerk- und Pyroensemble – ebenso klassisch waren dann später die ersten Betrunkenen und eine gehörige Prise Verbalradikalität. Letztere wirkte besonders peinlich, wenn gegen am selben Tag stattgefundene Nazi-Veranstaltungen lediglich ein Bruchteil der abendlichen Teilnehmer*innen protestierte.
Über diese Demonstration Menschen außerhalb der „Szene“ zu erreichen, gelang nicht wirklich.
Der Schritt die Demonstration 2015 nach Berlin- Marzahn zu tragen, also dahin wo es mit Hinblick auf eine gefestigte Neonaziszene und die rechten Anti-Asyl-Proteste wirklich im wahrsten Sinne des Wortes „brennt“, war ein sinnvoller und wichtiger Schritt, wurde jedoch nur von wesentlich weniger Teilnehmenden mitgetragen.
Nachdem die Demonstration letztes Jahr gar nicht mehr stattfand, von der unsäglichen „Antifa heißt Liebe“- Demonstration der Bergpartei möchten wir an dieser Stelle nicht reden, begrüßen wir den Schritt der Demonstration eine andere Stoßrichtung zu geben und mit ihr durch den Süden Neuköllns zu ziehen. Hier kam es in den letzten Jahren zu vermehrten Angriffen und Anschlägen durch Neonazis und auch die omnipräsenten Verflechtungen zwischen Polizei und Neonazis treten in diesem Bezirk Berlins nochmal besonders hervor. Auch wollen wir auf der Demonstration Burak Bektaş und Luke Holland gedenken, die beide durch rassistische Gewalt ermordet wurden.

Deshalb rufen wir dazu auf, am 21. November mit uns nach Südneukölln zu kommen und die beteiligten Initiativen und aktiven Menschen vor Ort mit dieser Demonstration weiter zu unterstützen. Gemeinsam mit ihnen möchten wir zeigen, dass ein vereinter Kampf gegen Neonazis wichtig und möglich ist. „Kampf gegen Neonazis“ bedeutet dabei nicht immer gleich ihnen eine Faust zu drücken, sondern auch rechten Aussagen oder Alltagsrassismus konsequent die Stirn zu bieten.
Wichtig ist, dass wir mehr werden, uns organisieren und Staat und Cops keinen Millimeter über den Weg trauen.

Wir müssen gegen das Nazi-Problem in Neukölln selbst aktiv werden! Deswegen wollen wir am 21. November in Südneukölln demonstrieren: Für ein Neukölln frei von Nazis. Für ein Neukölln, in dem sich jeder Mensch, egal welcher Hautfarbe, sicher fühlen kann!

Die Demonstration findet am Todestag des von Neonazis ermordeten Silvio Meiers statt – in Gedenken an alle Opfer rechter Gewalt weltweit!

Schließt euch der Demonstration an und organisiert eigene Aktionen!

Fight Back – Rechten Terror bekämpfen!

Seit Jahren werden eine Vielzahl von rechtsterroristischen Anschlägen in Neukölln verübt. Erst kürzlich wurde die syrische Bäckerei “Damaskus” mit SS-Runen besprüht und parallel ein Transporter vor dem Laden angezündet. 2018 wurde das Auto eines linken Lokalpolitikers direkt neben seinem Wohnhaus in Brand gesteckt. Neonazistische Anschläge und Graffiti, in denen offen zu Mord aufgerufen wird, gehören von Nord-Neukölln bis Rudow für sich antifaschistsch und antirassistisch engagierende sowie migrantische Menschen mittlerweile zum Alltag.

Inzwischen vergeht kaum eine Woche ohne neue Verstrickungen und Details zum Neukölln-Komplex. Immer mit dabei: die Berliner Sicherheitsbehörden, namentlich Polizei, Landeskriminalamt und Staatsanwaltschaft. Von Oberstaatsanwalt Matthias Fenner, der offen mit einem der Hauptverdächtigen symphatisiert und bis vor kurzem mit den Ermittlungen in Neukölln betraut war, bis hin zu Stefan K., der neben seiner Tätigkeit als Teil der zuständigen Ermittlungsgruppe auch als Täter an einer rassistischen Körperverletzung beteiligt war, sind Exekutive und Judikative tief im Sumpf der Anschlagsserie verankert.

Mittendrin befindet sich auch der Bezirksverband Neukölln der Alternative für Deutschland (AfD). Dieser ist durchsetzt von Neonazis und pflegt Beziehungen zur Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NPD) sowie diversen Gruppen von Nazi-Hooligans. So war Tilo Paulenz, einer der Hauptverdächtigen in der Anschlagsserie, jahrelang Vorstand im AfD Bezirksverband. An Paulenz wurden auch polizeiinterne Informationen von einem in der Neuköllner AfD aktiven Polizisten weitergeleitet. Immer wieder nahm auch der zweite Hauptverdächtige der Angriffsserie und ehemalige Bezirksvorsitzende der Neuköllner NPD Sebastian Thom an Veranstaltungen der AfD Neukölln teil. Schon in den 2000er Jahren fiel Thom durch Angriffe auf Linke auf – häufig gemeinsam mit Julian Beyer, der als dritter Hauptverdächtiger gilt.

Während der Großteil der Anschläge sich in Nord-Neukölln abspielt, finden sich die Nazistrukturen eher in Südneukölln. So befinden sich mehrere Treffpunkte der Neuköllner AfD, wie das Hotel “Novi Sad” und das Restaurant “Torero”, entlang der U7 Richtung Rudow. In direkter Nähe des “Torero” befindet sich auch die Anlage des TSV Rudows, ein Verein, der immer wieder Probleme mit Nazi-Hooligans hat. Verschiedenste Neuköllner Neonazis nahmen immer wieder als Zuschauer bei ihren Spielen teil. Mehrmals gab es (rassistische) Anfeindungen gegenüber sich emanzipatorisch positionierenden Fans oder Spieler*innen anderer Clubs. Bei einem versuchten Übergriff auf Fans von Tennis Borussia Berlin im Jahr 2014 war, neben anderen bekannten Neonazis wie Timo Lennig, auch Tilo Paulenz dabei.

All dies zeigt ein tiefliegendes Problem mit Neonazis in Neukölln. Ein Problem, welches sich durch Parteien, staatliche Behörden und Neonazi-Strukturen zieht. Eins ist jedoch klar: Auf die Berliner Sicherheitsbehörden ist kein Verlass. Mittlerweile kommt fast im Wochentakt ein neuer Skandal ans Licht und die 30-köpfige Sonderkommission “Fokus” zur Aufklärung des Neukölln-Komplex tappt nach einem Jahr, immernoch ohne jegliche Erkentnisse, im Dunkeln – und will das vielleicht auch.

Wir müssen gegen das Nazi-Problem in Neukölln selbst aktiv werden! Deswegen wollen wir am 21. November in Südneukölln demonstrieren: Für ein Neukölln frei von Nazis. Für ein Neukölln, in dem sich jeder Mensch, egal welcher Hautfarbe, sicher fühlen kann!

Die Demonstration findet am Todestag des von Neonazis ermordeten Silvio Meiers statt – in Gedenken an alle Opfer rechter Gewalt weltweit!